Koalitionsverhandlungen Ergebnisse der AG 4 Verkehr und Infrastruktur, Bauen und Wohnen
Die AG 4 Verkehr und Infrastruktur, Bauen und Wohnen hat im Rahmen der Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD ihr Verhandlungsergebnis vorgelegt und an die Steuerungsgruppe überwiesen (Anhang). Die Steuerungsgruppe soll jetzt die (hier sehr wenigen) noch strittigen Punkte bereinigen, mit den Ergebnissen der übrigen 15 AGs abgleichen und in die finalen Koalitionsverhandlungen der Parteispitzen einbringen.
Nach ersten Einschätzungen ist das Verhandlungsergebnis aus Sicht des DSLV Bundesverband Spedition und Logistik in Teilen durchaus positiv zu werten. Grundsätzlich zu begrüßen ist das Bekenntnis der Verhandlungsgruppe zu einer leistungsfähigen und resilienten Infrastruktur Deutschlands als Wohlstandsgarant.
Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung:
- Das nationale Planungs,- Bau-, Umwelt- und Vergaberecht einschließlich des (Verwaltungs-)Verfahrensrechts soll grundsätzlich überarbeitet werden. Dies soll auch auf europäischer Ebene angegangen werden. Für Infrastrukturvorhaben ist ein einheitliches Verfahrensrecht vorgesehen („one for many“). Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen vollständig digitalisiert werden.
- Es soll eine Stichtagsregelung eingeführt werden, durch die ein Verfahren unter dem Recht beendet wird, in dem es begonnen wurde.
- Der identische, der erweiterte und der vollseitig Ersatzneubau soll bei Infrastrukturvorhaben von der Pflicht eines (erneuten) Planfeststellungsverfahrens ausgenommen werden.
- Das Verbandsklagerecht soll reformiert und gestrafft werden und an der tatsächlichen Betroffenheit ausgerichtet werden. Beteiligungen der Träger öffentlicher Belange und der Öffentlichkeit sollen nur einmal erfolgen.
Infrastrukturfinanzierung:
- Der Grundsatz „Erhalt vor Neubau“ soll weiter gelten. Es soll eine überjährige, flexible und verlässliche Finanzierung garantiert werden. Es wird ein Finanzierungsdreiklang aus Haushaltsmitteln, Nutzerfinanzierung und begrenzten privaten Mitteln (ÖPP) angestrebt. Für die Straße sollen Mittel aus dem „Sondervermögen Infrastruktur „vor allem für Brücken- und Tunnelsanierungen“ verwendet werden. Offen bleibt dabei, wie hoch der Etat des Einzelplan 12 (Verkehr) im Kernhaushalt des Bundes sein wird und in welchem Verhältnis einerseits die drei o. g. Finanzierungssäulen jeweils und andererseits das Sondervermögen beitragen sollen.
- Für die Verkehrsträger sollen geschlossene Finanzierungskreisläufe eingeführt werden – die Einnahmen sollen dem jeweiligen Verkehrsträger zugutekommen.
- Die Autobahn GmbH soll begrenzt kreditfähig und ihr die Einnahmen aus der Lkw-Maut (direkt?) zur Verfügung gestellt werden („Einnahmekonzept“). Damit soll die Autobahn GmbH finanziell dauerhaft stabilisiert (und unabhängiger von Haushaltsentscheidungen) werden.
- Investitionen in die Schiene sollen weiter gesteigert werden. Hierfür sind verbindliche Finanzierungszusagen in Form eines „Eisenbahninfrastrukturfonds“ vorgesehen, die sich aus dem Bundeshaushalt, aus dem Sondervermögen sowie aus Trassenentgelten speisen sollen. Dabei soll das Trassenpreissystem reformiert werden – offen ist allerdings, wie. Für die Sanierung der Hochleistungskorridore soll Geld aus dem Sondervermögen verwendet werden. Der Gewinnabführungsvertrag zwischen der DB InfraGo als Netzbetreiberin und dem DB-Konzern soll überprüft werden. Damit könnte sichergestellt werden, dass die Trassenentgelte zweckgebunden reinvestiert werden und nicht im Konzern versickern.
Weitere Vorhaben:
- Grundsätzlich bleibt es dabei, dass mehr Güter von der Straße auf die Schiene verlagert werden sollen.
- Auf eine Trennung von Netz und Betrieb konnte sich die Verhandlungsgruppe nicht verständigen, der „integrierte DB-Konzern“ bleibt erhalten. Gleichwohl soll die DB InfraGO weiter vom Konzern entflochten werden – mit organisatorischen, rechtlichen und personellen Maßnahmen. Gleichzeitig soll die Eigentümerstellung des Bundes im Aufsichtsrat und gegenüber dem DB-Vorstand gestärkt werden.
- Der Schienengüterverkehr soll in den „Deutschlandtakt“ einbezogen werden. Mit „strategischen Partnern“ soll der Einzelwagenverkehr gestärkt werden.
- Im Rahmen der Revision des EU-Rechts („Eurovignetten-Richtlinie“) soll geprüft werden, wie Mehrfachbelastungen des Straßengüterverkehrs durch die CO2-Bepreisung „reduziert werden könnten.“
- Die Reform der Berufskraftfahrerqualifikation soll (endlich) angegangen werden. Einsetzen will man sich auch für gut ausgestattete Lkw-Parkplätze und eine bessere Kontrolle von Sozialstandards.
- Die Genehmigungsverfahren für Großraum- und Schwerlasttransporte sollen beschleunigt werden.
- Möglichkeiten zur erweiterten Nutzung von Lkw-Mautdaten sollen geprüft werden.
- Der Ausbau der Lkw-Ladeinfrastruktur soll vorangetrieben und finanziell gefördert werden. Dies soll auch für das Depotladen gelten. Offen ist, aus welchen Mitteln die Förderung hier gespeist werden soll. Eine finanzielle Förderung für die Anschaffung emissionsarmer Lkw ist offenbar nicht vorgesehen.. Bei öffentlichen Ladesäulen soll für technische Vereinheitlichung und Preistransparenz gesorgt werden.
- Für die Ertüchtigung der Wasserstraßen, Schleusen, See- und Binnenhäfen sollen Investitionen in die Infrastrukturen zusätzlich aus dem Sondervermögen gespeist werden. Auch aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) sollen Gelder bereitgestellt werden. Für das System Wasserstraße soll ein Finanzierungs- und Realisierungsplan entwickelt werden. Insgesamt spricht sich die Verhandlungsgruppe dafür aus, die Nationale Hafenstrategie jetzt umzusetzen.
- Die luftverkehrsspezifischen Steuern, Gebühren und Abgaben sollen reduziert werden, um den Luftverkehrsstandort Deutschland wieder zu stärken. Dafür soll die Erhöhung der Luftverkehrssteuer aus 2024 wieder rückgängig gemacht werden.
- Bei der SAF-Quote sollen Europäische Fluggesellschaften nicht schlechter gestellt werden als außereuropäische. Auch die über das EU-Maß hinausgehende PtL-Quote soll wieder zurückgefahren werden.
- Strittig ist die Frage der Einführung eines allgemeinen Tempolimits von 130 km/h (im Text blau: CDU/CSU, rot: SPD).
Fazit:
Auch wenn insbesondere Finanzierungsfragen noch offen sind (dies war auch nicht Auftrag dieser Verhandlungsgruppe) und zahlreiche Detailforderungen des DSLV an dieser Stelle nicht aufgenommen wurden, geben die angekündigten Reformbestrebungen Anlass für eine überwiegend positive Bewertung. Abzuwarten bleibt, ob das Ergebnis vollständig in den Koalitionsvertrag aufgenommen wird.
Quelle: DSLV